Karuna करुणा (Sanskrit) bedeutet Mitgefühl.
Leider ein zunehmend verwässerter Begriff, vergleichbar mit Achtsamkeit. Immer mehr sprechen und schreiben davon, praktizieren es aber nicht. Mit weitreichenden Folgen für uns selbst und unsere Gesellschaft.
Wie kann uns die Entwicklung von Mitgefühl persönlich und universell heilen?
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Auch nach zwei Jahren dominiert die Coronapandemie noch immer das weltweite Geschehen. In der Debatte um eine allgemeine oder partielle Impfpflicht stehen sich in Deutschland aktuell Befürworter und Gegner erbittert gegenüber. Jede Gruppe argumentiert mit eigenen Zahlen, Daten und „Fakten“ – mal mehr, mal weniger nachvollziehbar. Dafür immer aggressiver und uneinfühlsamer. Mein Körper, meine Freiheit, ich ich ich.
Die gesunde Mitte bleibt weitgehend unsichtbar. Dabei ist eines klar: erst rückblickend werden wir wissen, welche medizinischen und politischen Entscheidungen zu- und abträglich waren.
Besonders traurig dabei ist, dass auch in Kreisen ganzheitlicher Medizin – inklusive der Ayurveda-Szene – zunehmend für extreme Positionen gekämpft wird. Das steht in teilweise krassem Gegensatz zu den Werten, für die wir eigentlich stehen. Ein zentraler davon ist Mitgefühl.
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Was ist Mitgefühl?
Im Buddhismus stellt unser Mitgefühl eine der vier grenzenlosen, unermesslichen Geisteshaltungen dar, die wir tagtäglich wie Muskeln trainieren sollen, um tiefe Erkenntnis über unsere wahre Natur zu erlangen und für Andere nützlich zu sein. Liebevolle Güte, (Mit)Freude und Gleichmut sind die weiteren drei Einstellungen, die uns diesem Lebensziel näher bringen.
In den alten Schriften des Ayurveda wird Mitgefühl für alle leidenden Wesen als die grundlegende Motivation angesehen, aus der das „Wissen vom langen und gesunden Leben“ ins Licht gerufen wurde. Ayurveda dient nicht nur persönlicher Gesundheit und individuellem Wohlbefinden, sondern einer gesunden Gesellschaft auf einem gesunden Planeten in Einklang mit Naturgesetzen, weit über die eigene Lebensspanne hinaus.
Mitgefühl ist also viel mehr als ein paar warme Worte. Eine tiefe Geisteshaltung, gepaart mit dem Drang, für Andere nützlich zu sein. Ohne Gegenleistung, ohne Vorteilsnahme. Es ist die Spende vom leeren Konto, die geheim bleibt und nicht öffentlich für das eigene Branding und Marketing genutzt wird. Es ist der wohlwollende Anruf bei hilfesuchenden Menschen, auch wenn deren Einstellung von unserer abweicht.
Schon immer gab es unzählige Gelegenheiten, das eigene Mitgefühl zu trainieren: Armut, Hunger, Epidemien, Kriege, Naturkatastrophen und Flüchtlingsströme sind einige von ihnen. Fühlen wir uns intensiv in das Leid anderer hinein, entsteht der tiefe Wunsch zu helfen und zu handeln.
Oft sind diese weltweiten Ereignisse aber zu weit von unserer Realität entfernt. Corona hat das verändert: wir erleben gesundheitliches, soziales und wirtschaftliches Leid in den eigenen vier Wänden oder in der unmittelbaren Nähe. Eines haben wir Alle gemeinsam: wir wünschen uns ein Ende dieses Leidens. Die Wege dorthin unterscheiden uns aber.
Weshalb fällt es so schwer, uns in andersartige Haltungen und Handlungen einzufühlen und diese zu akzeptieren? Weil wir uns viel zu wenig bemühen, die Sorgen und Nöte der Anderen zu verstehen!
Stattdessen lassen wir unserer Ich-Zentrierung freien Lauf – was für mich unzuträglich ist, ist einfach falsch. Dabei liegt das wahre Problem nicht in scheinbar falschen Entscheidungen, sondern in genau dieser Egozentrierung, aus der heraus Anhaftung und Abneigung entstehen.
Manche Experten führen die sogenannte Alexithymie an: diese beschreibt die Unfähigkeit, Gefühle zu lesen und auszudrücken. Über 10% sollen in Deutschland von dieser Gefühlsblindheit betroffen sein, Tendenz steigend. Diese „Diagnose“ ist allerdings kein endgültiges Urteil, sondern eher eine Momentaufnahme. Wie ein Legasthetiker durch Übung lernt, koordiniert zu lesen und zu schreiben, so können „Gefühlskalte“ Wärme entwickeln.
Psychologisch betrachtet ist Mitgefühl mehr als ein Perspektivwechsel, in dem wir uns die Umstände der Anderen in einem Denkprozess vorstellen. Es ist vielmehr gefühlsbasiert und findet sich bereits in der elterlichen Fürsorge wieder. Mitgefühl beinhaltet einerseits, sich voller Engagement dem Leid zu nähern und es zu verstehen – und andererseits zu versuchen, voller Mut und Hingabe Leid zu lindern und vorzubeugen. In Gedanken, mit Worten und Taten.
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Mitgefühl ist ein Ausdruck von Sattva.
Sattva balanciert unseren Geist und aktiviert unsere innewohnenden Fähigkeiten zur Unterscheidung, Entschlossenheit und Erinnerung.
Der Ayurveda erklärt auf einzigartige Weise, wie aus einer sattvischen Geisteshaltung Gesundheit entsteht:
Dominiert Sattva in unserem Geist, treffen wir zuträgliche Entscheidungen für unseren Lebensstil und unsere Ernährung. Diese sind wiederum die Grundlage für eine Balance der fünf Elemente und drei Kräfte (Vata, Pitta, Kapha) in unserem Körper. Im sattvischen Zustand müssen wir nicht mehr ayurvedischen Regeln und Gesundheitsplänen folgen, wir fühlen uns von gesundem Leben angezogen. Ohne Zwang, ohne Druck, ganz natürlich.
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Mitgefühl führt uns direkt zu Svastha!
Svastha ist das ultimative Ziel im Ayurveda: ganzheitliche Gesundheit von Körper, Sinnen und Geist bei tiefer Erkenntnis und dem Ruhen im Selbst.
Ein ganzheitliches Ayurveda-Rezept beinhaltet nicht nur Empfehlungen zu Ernährung, Lebensstil, Arznei oder Kurmaßnahmen. Es integriert die Steigerung unserer ethisch-moralischen Rechtschaffenheit.
Vor 25 Jahren saß ich im ayurvedischen Sprechzimmer meines Lehrers in Nordindien. Ein unheilbar erkrankter Mann fragte, ob für ihn noch irgendeine Hoffnung bestehe. Die Antwort meines Lehrers: „Gehe in den Wald und füttere die dort hungernden Affen.“
Was können Sie heute tun, um Ihr Mitgefühl zu steigern?